Der Artikel untersucht die theoretischen Fragen der Entstehung des Bildes der historischen
Vergangenheit und verweist auf die Probleme, die bei diesem Prozess auftreten und die vollständige
Objektivität des entstandenen Bildes verhindern. Dies sind vor allem die Komplexität und Vielfalt
der Erscheinungsform eines historischen Ereignisses oder einer historischen Erscheinung und
die Unmöglichkeit einer unabhängigen Existenz eines Bildes ohne Bezug zu seinem materiellen
Substrat – dem Gehirn und dem Objekt seiner Reflexion. Die Entstehung des Bildes durchläuft eine
Reihe von Ebenen und Stadien, die mit den Merkmalen der Psyche des Individuums verbunden
sind: dem Entwicklungsgrad der psychischen kognitiven Prozesse, des Gedächtnisses, des Denkens
usw. Eine wichtige Rolle bei der Schaffung des Bildes der historischen Vergangenheit spielt die
individuelle Weltanschauung des Autors, die auf der einen oder anderen Ideologie basiert, der
Grad der Begrenzung des Standes und des Volumens seines historischen Wissens sowie die Art und
Wirksamkeit der vom Autor verwendeten methodischen Werkzeuge.
Nachdem der Autor die theoretischen Grundlagen der Forschung aufgezeigt hat, analysiert er die
Entstehung des im öffentlichen Bewusstsein der Russlanddeutschen vorhandenen historischen
Bildes der zwischen 1918 und 1941 existierenden, ethnisch geprägten territorialen Autonomie an
der Wolga, der Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik der Wolgadeutsche, und zeigt die Gründe
für die verzerrte Darstellung dieses Bildes und deren Idealisierung auf, und er macht deutlich,
wie dieses Bildes durch einige Führungskräfte der gesellschaftlichen Bewegung der Deutschen im
politischen Kampf Ende der 1980er Jahre eingesetzt wurde. Das verzerrte historische Bild der Republik
der Wolgadeutschen führte zu einer Desorientierung der deutschen Bevölkerung und wurde
zu einem der wesentlichen Gründe für die Massenemigration von Russlanddeutschen nach
Deutschland.