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21. April 2020

Nina Puljachina-Maniser: Russische Seele und deutscher Name

Vorführung von Entwürfen der Kollektion, die K. Malewitsch gewidmet sind, auf einer Konferenz über das Modedesign, die von der Russischen Kunstakademie veranstaltet wurde. Moskau, 2019. In der Mitte steht Nina Puljachina-Maniser

Der Internationale Verband der deutschen Kultur organisierte eine Reihe von Projekten, die der berühmten Dynastie der Künstler Maniser gewidmet waren, wessen Gründer der Kunstmaler Heinrich Maniser war, der deutsche Wurzeln hatte. Zu diesen Projekten gehören Ausstellungen in Omsk und Moskau sowie die Herausgabe des Katalogs „Hugo Maniser“ und der Monografie „Maniser. Dynastie der Künstler“ in russischer und deutscher Sprache. Die Autorin der Bücher ist die Ehefrau von Hugo, die Verdiente Künstlerin der Russischen Föderation Nina Puljachina-Maniser. Über das Leben in einer außergewöhnlichen Familie, ihr Werk und den Fortbestand der berühmten Dynastie erzählte Nina Puljachina-Maniser in einem Interview mit RusDeutsch.

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Wie haben Sie Hugo Maniser kennengelernt? Wie hat Ihre Liebesgeschichte begonnen?

Für mich war es Liebe auf den ersten Blick. Es war 1967 als ich in das Textilinstitut der Fakultät für Angewandte Kunst eintrat. Damals waren Gruppen für Kulturbesuche in Museen, Theatern und Kinos nicht selten und eines Tages ging ich mit meinen Kommilitonen ins Kino, um den Film „Der Schlüssel“ zu gucken.

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Wir warteten auf den Beginn des Films und plötzlich sah ich einen außergewöhnlich gut aussehenden, gebräunten Mann den Gang des Kinosaals entlang gehen, und ich wollte, dass sein Platz neben meinem war. Wir haben uns gelegentlich in der Fakultät gesehen. Ich studierte im Direktstudium und er lehrte Studenten des Abendstudiums. Immer wenn wir uns sahen, warfen wir uns Blicke zu und begrüßten uns. Mehr nicht. Unsere Tochter nennt unsere Liebesgeschichte „eine Romanze in Augenblicken“.

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War es schwierig, in eine berühmte Familie einzutreten? Wie hat sich Ihre Beziehung zu der Familie von Hugo Maniser entwickelt?

Ich habe mir darüber keine Gedanken gemacht. Alle Familienmitglieder hießen mich willkommen und Hugo stellte mich beim ersten Date seiner Mutter, der Bildhauerin Elena Janson-Maniser, vor. Sie war sehr herzlich zu mir. Ich war in gewisser Weise ein wenig verlegen, was für jeden, der sich in eine neue Umgebung begibt, ganz natürlich ist.

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Ich bedauere nun, dass ich Elena nicht nach ihrem interessanten Leben, ihren Werken, ihrem Ballett und ihren Beziehungen zu den bedeutenden Ballerinen Galina Ulanowa und Maja Plissezkaja gefragt habe. In meinen jungen Jahren verstand ich nicht, was mir eine Beziehung mit solch einem Menschen bringen würde, und versuchte somit, sie nicht bei ihrer ständigen Arbeit an der Bildhauerei zu stören.

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Meine Eltern waren zuerst gegen unsere Ehe. Sie schämten sich für den Altersunterschied von 22 Jahren, denn sie waren im gleichen Alter wie er. Als sie jedoch Hugo kennenlernten, haben sie angefangen, ihn zu mögen.

Wir haben den Altersunterschied nie gespürt. Hugo und ich hatten gemeinsame Interessen, die gleiche Sichtweise und lebten fast ein halbes Jahrhundert glücklichen Lebens in gegenseitiger Zuneigung.

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Was hat Hugo Maniser von Ihren Werken gehalten? War er ein strenger Kritiker?

Er kritisierte mich nie und das, was ich tat, gefiel ihm. Hugo mochte die Werke von Kasimir Malewitsch nicht. Jedoch sagte er mir einst: „Weißt du, in deinen Werken kann ich ihn akzeptieren“.

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Ihre Arbeit wurde stark von der russischen Avantgarde beeinflusst. Drei Kollektionen widmeten Sie Kasimir Malewitsch. Was war Ihr Interesse an seiner Arbeit?

Schon seit meinem Studium fühle ich mich, was die Kleidung angeht, zum Minimalismus hingezogen. Mir gefallen übermäßige Details, wie Rüschen, Volants und Taschen nicht. All dieses Durcheinander zerstört oft die Form der Kleidung Ich hatte großes Glück. Wir hatten ausgezeichnete Dozenten, die uns beibrachten, wie man die Form und das Muster eines Kleidungsstücks versteht und wie wichtig es ist, an einer Kollektion zu arbeiten, damit es nicht zu einer Reihe zufälliger Kleidungsstücke wird. Neben einer einfallsreichen Entscheidung sollte die Kollektion auch eine „harmonische Einstimmigkeit des Bildes“ haben.

In der Tretjakow-Galerie fand 1989 eine Ausstellung von Kasimir Malewitsch statt, dessen Gemälde mit meiner Suche nach der Arbeit an einem Design zusammenhing: die Minimalisierung der Form und das Phänomen ihres Absoluten – ein Quadrat, ein Kreis, ein Kreuz.

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Die Skizzen habe ich gleich nach meiner Rückkehr nach Hause angefertigt. Ich beschäftige mich mit meinem eigenen Design: Von der Idee bis zur Verkörperung des Modells im Material mache ich alles selbst. Es erschien die Kollektion „Suprematischer Traum“ und „Supremus“, in denen die Modelle nur aus einfachen geometrischen Formen wie Kreisen und Quadraten bestanden, die sich in komplexe kompositorische Lösungen verwandelten, die mit der menschlichen Figur interagieren.

Mir gefiel die Dekorativität der figurativen Malerei von Malewitsch. In den Werken dieser Zeit sah ich eine Verbindung zwischen der Ikonenmalerei, der Volkskunst und -tracht und dem Lubok. Es entstand die Kollektion „Hallo, Kasimir Sewerinowitsch!“. Dies sind Fragmente von Gemälden, die ich aus Textilien in der Technik der räumlichen Applikation hergestellt und mit den Formen der Volkstracht – Hemden, Kleiderrock, Ponjova – verbunden habe.

Die Kollektion wurde zweimal in der Tretjakow-Galerie ausgestellt. Zum ersten Mal bei der berühmten Ausstellung „Die große Utopie“, wo ein Dokumentarfilm gedreht wurde und 10 Jahre später wurde bei der Ausstellung „Abstraktion als Aktion“ ihre Demonstration im Rahmen des Kulturprogramms organisiert. Die Kollektion, die K. Malewitsch gewidmet ist, bemerkte der berühmte Kunsthistoriker Andrej Sarabjanow, der sie für seinen Film „Ulitsa Malewitscha“ gefilmt hat und dieser wurde als bemerkenswerte Premiere im „Dom kino“ gezeigt.

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Eine Ihrer Kollektion ist dem russischen Fresko gewidmet. Erzählen Sie uns ein wenig darüber. Was war für Sie das Wichtigste bei ihrer Ausarbeitung?

Das russische Fresko ist für mich die Spitze des künstlerischen Schaffens. Darüber hinaus gibt es nichts. Sieht man einmal die großen Meisterwerke von Andrei Rubljow, Dionysios und Theophanes dem Griechen, ist es unmöglich, diese zu vergessen. Man kann sie unendlich lang betrachten und sich über die Reinheit der Perfektion der geistigen Bilder, die Leichtigkeit des Gemalten und die Noblesse der Farben erstaunen lassen.

Eines Tages wollte ich meine Eindrücke und Gefühle mittels eines Designs vermitteln – so entstand die Kollektion „Russisches Fresko“.

Was ist Ihre Inspiration und Anregung, um jetzt etwas zu kreieren? Erzählen Sie uns von Ihren kreativen Plänen.

Mich hat der Erfolg des Buches über die Maniser-Dynastie inspiriert. Während der Arbeit daran verstand ich, wie viel interessantes Material „über Bord“ blieb. Ich halte es für notwendig, Bücher über jeden Künstler dieser erstaunlichen Familie einzeln zu veröffentlichen, angefangen mit dem Maler Heinrich Maniser, dessen brillante Werke kaum veröffentlicht wurden. Ich möchte ein Buch über das Ballett in den Werken von Elena Janson-Maniser schreiben. In ihren skulpturalen Meisterwerken erkennt man berühmte russische Ballerinen wie Anna Pawlowa, Agrippina Waganowa, Galina Ulanowa, Maja Plissezkaja, Olga Lepeschinskaja und viele andere.

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Ich möchte ein Buch über die unbekannten Werke von Matwei Maniser veröffentlichen. Es gibt mehrere Monografien über ihn, die seine Arbeit als Bildhauer-Muralist und Gründer zahlreicher Monumente offenbaren. Jedoch seine genialen Zeichnungen eines Aktmodells, skulpturale Kompositionen zu diesem Thema, Skizzen zur plastischen Anatomie und Studien sind erhalten geblieben. Ein solches Buch könnte nicht nur für Kunstliebhaber interessant sein, sondern auch für Studenten von Kunstinstituten und junge Bildhauer nützlich sein.

Mein Traum ist es, ein Album mit Gemälden und Grafiken von Hugo Maniser zu veröffentlichen. Er schuf viele schöne Gemälde und ich würde sie gerne in einem anständigen Buch publizieren.

Außerdem denke ich über ein Buch nach, das dem Modedesign gewidmet ist. Unter meinen Freundinnen gibt es sehr gute Künstlerinnen mit einzigartigen Kollektionen. In den 1980er Jahren sind wir plötzlich aus uns herausgewachsen. Wir wurden von dem Moskauer Künstlerverband unter die Fittiche genommen und nahmen an vielen Ausstellungen in Russland und im Ausland teil. Das Designerkostüm wurde von berühmten Kunsthistorikern bemerkt und als ein neues Phänomen in der dekorativen Kunst und der russischen Kultur bezeichnet und ich habe den Traum, darüber zu erzählen.

Der Kunstkatalog „Hugo Maniser“ und die Monografie „Maniser. Dynastie der Künstler“ sind in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Verband der deutschen Kultur entstanden. Welche Eindrücke wurden bei Ihnen hinterlassen?

Ich habe die besten Eindrücke erhalten. Ich empfand Interesse und Respekt für unsere Familie und eine aufmerksame und sorgfältige Einstellung zu dem von mir angebotenen Material. Ich freute mich, mit hochprofessionellen Spezialisten auf dem Gebiet der Buchveröffentlichung zusammenzuarbeiten – die Redakteurin Galina Korschenkowa und die künstlerische Leiterin Natalija Jakubeni.

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Wie entstand die Idee, ein Buch über die Dynastie zu schreiben?

Die Idee wurde vor langer Zeit geboren. All die Menschen, die unsere Hauswerkstatt besuchten und Hugos Geschichten hörten, sagten bei der Beerdigung: „Sie müssen unbedingt ein Buch über die Familie schreiben!“ und er war der Einzige, den ich mir als Hauptdarsteller vorstellen konnte. Jedoch war er gegen Memoiren und meinte, dass nur die Werke über den Autor erzählen sollten.

Ich wollte, dass es eine Geschichte über eine einzigartige Familie wird und keine Spekulationen andere Leute, die mit dem Aufkommen und der Entwicklung des Internets besonders zahlreich wurden. Ich begann, einige von Hugos Geschichten aufzuschreiben und dies half mir bei der Arbeit an dem Buch.

Vor Kurzem erhielten Sie den Titel eines Ehrenmitglieds der Russischen Kunstakademie. Wie fühlt sich das an?

Es ist eine große Ehre, in die Russische Kunstakademie aufgenommen zu werden. Ich bin stolz auf diesen Titel.

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Ihre Tochter Olga führt die Dynastie der Künstler Maniser fort und arbeitet in ihrem eigenen Genre. Erzählen Sie ein wenig über ihre Arbeit.

Olga beschäftigt sich mit der Grafik und Papierskulpturen. Seit ihrer Kindheit zeichnete sie wunderschön. Sie konnte von jedem beliebigen Punkt auf einem riesigen Whatman-Papier beginnen und die gesamte Fläche mit einer komplexen Komposition ausfüllen. Selbst Kunsthistoriker, die ihre Zeichnungen sahen, waren von diesen Fähigkeiten in so jungen Jahren überrascht. Olga schloss ihr Studium am Moskauer Staatlichen Akademischen Kunstinstitut, das nach Surikov benannt wurde, mit Auszeichnung ab, trat dem Moskauer Künstlerverband bei, setzte ihre Ausbildung in England fort und erhielt einen Master-Abschluss in Kunst am Chelsea College of Art and Design in London.

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Olga Maniser hat ihren Stil und ihre Art wie keine andere entwickelt. Sie kreiert lebensgroße Interieur-Puppen in der Technik der Papierskulptur und ist Schöpferin verschiedener Grafiken zu den Themen Zirkus, Theater, Karneval in Venedig und historische und Märchenfiguren. Die russische und europäische Kultur verflochten sich in ihren Werken.

Im Dezember letzten Jahres luden die Organisatoren Olga zur Teilnahme an der Jubiläumsausstellung von Puppen im Moskauer Gostiny Dwor ein. Ihre Werke, die in der Ausstellung präsentiert wurden, sorgten bei den Besuchern für große Aufregung. Alle fotografierten ihre „Akrobaten“ und sich mit ihnen im Hintergrund. Ohne zu übertreiben, war es das meistbesuchte Ausstellungsstück!

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Und was machen Ihre Enkelkinder? Planen sie, ihr Leben mit der Kunst zu verbinden?

Der ältere Enkel Alexander ist jetzt 20 Jahre alt. Er ist Student im zweiten Studienjahr am Imperial College London, einer der zehn besten Universitäten der Welt. Er studiert mit Leidenschaft Naturwissenschaften, wie Biologie, Biochemie, Höhere Mathematik und andere. Er ist auch der Kapitän des Wasserballteams der Universität. Alex besitzt den schwarzen Gürtel in Karate und ist Mitglied der Nationalmannschaft Englands in diesem Sport, nahm an internationalen Wettbewerben teil und gewann mehrere Medaillen. Als Kind zeichnete er gut und seine Werke wurden auf Ausstellungen gezeigt. Alexander wählte jedoch die Wissenschaft.

Die jüngste Enkelin Polina wird bald 10 Jahre alt. Sie ist eine großartige Schwimmerin und spielt Schach. Polina war mehrere Jahre erfolgreich in der rhythmischen Sportgymnastik tätig und gewann im Alter von sieben Jahren eine Goldmedaille und den London Cup 2017 bei der internationalen Gymnastikweltmeisterschaft. Nachdem sie beachtliche Erfolge im Turnen erzielt hatte (in Moskau wurde sie in die Olympische Reserveschule aufgenommen), verlor sie plötzlich das Interesse an diesem Sport und konzentrierte sich auf das Ballett, das sie schon früh parallel zur rhythmischen Sportgymnastik zu praktizieren begann. Polina tanzt seit zwei Jahren im Ballettstück „Der Nussknacker“ im Shaftesbury Theatre in London und nimmt an einer professionell inszenierten Aufführung teil, bei der alle Rollen von Kindern gespielt werden.

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In Ihrem Haus ist eine einzigartige Werkstatt erhalten geblieben. Haben Sie vor, daraus ein Museum zu machen?

Mein Wunsch ist es, dass es ein Museum wird und es wurde fast von Hugos Eltern geschaffen. Aber nur ein Wunsch reicht nicht immer aus. Es wird der Wille und die Unterstützung des Staates gebraucht. Hugo ging vorsichtig mit den Werken seiner Eltern um und konnte alles in diesen schwierigen Jahren bewahren. Die Skulpturen in der Werkstatt stehen an den gleichen Stellen wie zu Lebzeiten von Matwei und Elena Maniser. An den Wänden hängen Gemälde von Heinrich. Alles ist erhalten geblieben. Aber die Gründung des Museums ist mit vielen Schwierigkeiten verbunden.

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Wir waren einmal in Italien und besuchten den berühmten Kunsthistoriker Dino Formaggio, der einen Artikel über das Werk von Hugo für den Katalog der Ausstellung „Hugo Maniser“ im Museum von Verona schrieb. In seinem Haus hingen an allen Wänden Gemälde der Künstler, mit denen er arbeitete. Er erzählte, er habe ein Testament verfasst, in dem geschrieben steht, dass nach seinem Tod das Haus ein Museum in der Obhut der Stadtverwaltung von Verona wird, vorausgesetzt, dass keine Gemälde bewegt werden können und alles so bleiben muss, wie es zu seinen Lebzeiten war. Diese Bedingungen werden von einer Sonderkommission überwacht.

Wenn ich so eine Garantie hätte, wäre das großartig. Ich bin mir jedoch unsicher, dass ich sie hier erhalten werde. Hoffentlich wird dies im Laufe der Zeit geschehen.

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