Die dokumentarische Trilogie „Fortjagen muss man sie“ (2011), „In Arbeitskolonnen für die gesamte Zeit des Krieges“ (2012) und „Auf ewig, ohne Recht auf Rückkehr“ (2015), in der sich Augenzeugen und Wissenschaftler zur Deportation der Sowjetdeutschen, zur Arbeitsarmee und zum Sondersiedlungsregime der Deutschen in der UdSSR äußern, ist vollendet, veröffentlicht und liegt der Leserschaft vor.
Das Autorenkollektiv der Sammelbände um Prof. A. German hat über viele Jahre aussagekräftiges Material zusammengetragen, sortiert und analysiert. Finanziell gefördert wurde das fundamentale Projekt vom Innenministerium der Bundesrepublik Deutschland, organisatorische Unterstützung gab es vom Internationalen Verband der deutschen Kultur. Die Bücher setzen sich aus wissenschaftlichen Artikeln, Archivdokumenten und Erinnerungen von Betroffenen der schrecklichen Ereignisse zusammen. Die dokumentarische Saga ist für den Leser von gleicher emotionaler Wucht wie ein erstklassiger Roman.
Wenn Sie die Erinnerungen der Augenzeugen lesen, werden Sie denken: Das kann doch nicht sein! Das ist ja unerträglich! Aber beim Durchblättern gelangen Sie unter dem Eindruck der Zahlen und Fakten aus dem wissenschaftlichen Archivmaterial zu der Überzeugung: Ja, so war es! Wenn Sie im dokumentarischen Teil zu lesen beginnen, werden Sie denken: Aber wie war das alles nur zu ertragen? Und wenn sie dann im Abschnitt mit den Erinnerungen lesen, bekommen Sie eine Antwort auf Ihre Fragen.
„[…] Häufig standen rechts vom Tor unseres Lagers Menschen, die sich kaum auf den Beinen halten konnten: verdreckt, blutbefleckt und in Lumpen gehüllt, den Blick zu Boden gerichtet, umstellt von Wachposten mit scharfen Schäferhunden. Sie stützen einander, als stünden sie in Erwartung der Salve am Rande einer Grube. Das waren Flüchtlinge, die aus dem Gulag geflohen waren; zumeist ehemalige Soldaten, die man wegen ihrer nationalen Zugehörigkeit aus der Roten Armee entlassen hatte. Sie wollten lieber an der Front sterben, im Kampf gegen den Faschismus, für die Heimat und für Stalin, als hier hinter dem Stacheldraht des Konzentrationslagers. Für die Flucht aus dem Gulag hatte man sie als Volksfeinde zu zehn Jahren Lagerhaft verurteilt und sie in das Lager nebenan gesteckt – zu den inhaftierten Kriminellen […].“ Das sind Zeilen aus den Lebenserinnerungen von Josef Kessler, nur ein Körnchen von dem, was insgesamt zusammengetragen wurde.
In den Sammelbänden hängt alles miteinander zusammen – wie in dem physikalischen Gesetz über die verbundenen Gefäße, nur, dass man für die Herleitung des Gesetzes Flüssigkeit, Wasser, verwendete, während in der Trilogie ein historisches „Experiment“ mit menschlichem Leben beschrieben wird, das für viele Tausende Russland- bzw. Sowjetdeutsche mit dem Tode endete. Die Verbindung von Dokumentarischem, Lebenserinnerungen von Augenzeugen und alten Fotos bewirkt einen dreifachen Effekt. Wir nehmen die Ereignisse jener Jahre plastisch und deutlich sichtbar wahr, wobei wir uns in besonderer Weise der moralischen Größe unserer Großväter, Väter und Mütter bewusst werden, die Entbehrungen, Demütigungen, ungerechtfertigte Anschuldigungen, Hunger, Kälte, Krankheiten und den Tod von nahestehenden Personen ertrugen und trotzdem in der Masse nicht verzweifelten, sondern in sich sogar die Kraft fanden, zum Wohle ihrer Heimat zu arbeiten, obwohl sich diese ihnen gegenüber wie die böse Schwiegermutter gebärdete.
Die Zahl der deutschen Trudarmisten ging in die Tausende. Ihre Namen werden von den Autoren der Sammelbände in den Artikeln über die Schicksale der Deportierten in Kasachstan, Sibirien und im Ural genannt… Die Sowjetdeutschen leisteten in den Jahren des Krieges und beim Wiederaufbau der Nachkriegswirtschaft großartige Arbeit, allerdings unter Aufsicht. „Wir hätten das auch freiwillig geleistet. Das ist das Kränkende daran!“ Das lesen wir in einem der Auszüge aus den Lebenserinnerungen.
Jenen, denen man das Leben nicht mehr zurückgeben kann, sollten wir dafür dankbar sein, dass die meisten von ihnen in den für die Russlanddeutschen schwersten Jahrzehnten (!) Klugheit und Standhaftigkeit gezeigt haben und unter unmenschlichen Bedingungen Menschen geblieben sind. Heute können deren Enkel, egal, wo sie leben, ob in der Russischen Föderation, in der Ukraine, in Kasachstan oder im Kaukasus, in Europa, Kanada oder Amerika, stolz darauf sein, dass ihre Vorfahren nicht nur Menschen mit hoher Moral geblieben sind, sondern darüber hinaus auch Patrioten ihres Landes und ihrer Bestimmung. In den Bänden der Trilogie sind Hunderte Beispiele dafür angeführt, wie Arbeitsarmisten und Deportierte, die wieder ganz bei Null anfangen mussten, Helden der Arbeit, bekannte Pädagogen, Ärzte, Architekten, Wissenschaftler, Musiker und Maler wurden. Hier zeigt sich die Kraft des Willens!
Meiner Meinung nach sollten diese Bände vor allem von jenen gelesen werden, die immer noch Deutsche und Faschisten gleichsetzen. Denn die Einimpfung nationaler Grausamkeit – „Töte den Deutschen!“ – wurde noch von Ilja Ehrenburg in den Losungen des Vaterländischen Krieges gepriesen. Und diese Infiltration wirkt bis heute noch auf die Generationen viele Menschen im postsowjetischen Raum. Leider …
Dessen sind sich sowohl das Autorenkollektiv der Sammelbände, A. A. German, O. Ju. Silantjewa, V. M. Kirillow, A. A. Schadt, R. A. Bikmetow, K. A. Sabolozkaja, L. N. Slawina, E. N. Tschernoluzkaja, O. A. Jakowjenko, D. Inojatowa und N. Krallemann (Übersetzung) bewusst, als auch jene, die dem Aufruf der Autoren und Verantwortlichen gefolgt sind und ihre Lebenserinnerungen und Fotos an den Internationalen Verband der deutschen Kultur geschickt haben. Auf den wunderbar gestalteten Seiten (Design: A. Smirnowa) können wir nicht nur Kopien von Originaldokumenten und Fotos der Autoren, sondern auch Reproduktionen von Bildern deutscher Maler sehen.
Not schweißt zusammen. Die Autoren der Trilogie registrieren ein historisches Phänomen. Die langen Jahre der Minderheitendiskriminierung haben dazu geführt, dass eine neue ethnische Gemeinschaft entstanden ist: ein einheitliches deutsches Volk. Und diese Gemeinschaft bewahrt, wie auch schon ihre Vorfahren, ethnisch geprägte Eigenschaften, die durch keine „Säuberungungen“ ausgerottet werden können: Anstand, Ehrlichkeit, Standhaftigkeit, Treue, absolute Loylität und hohe Sachkompetenz.
... Ein Freund meines Vaters, Iwan Kronwald, hat sich sein ganzes Leben für die Wiederherstellung der Republik der Wolgadeutschen eingesetzt. Mit diesem Traum ist er auch gestorben. Es gibt Ereignisse, die man nicht rückgängig machen kann. Stattdessen aber kann man alles dafür tun, damit sich Ähnliches nicht wiederholt. Die auf Dokumenten basierende Trilogie gehört in die Kategorie prophylaktischer Mittel. Auch wenn es paradox klingt, kann das Studium des dreibändigen Werkes, das von Gefühlen des Schmerzes und der Verzweiflung dominiert wird und zahlreiche entlarvende Dokumente enthält, als überzeugendes Argument für das Verständnis und die Annäherung von Vertretern aller Nationalitäten dienen.
Irina Slowzowa
Mitglied des Journalistenverbandes St. Petersburg
20.05.2024
Veranstaltungen
Wettbewerb „Freunde der deutschen Sprache“ startet: Wir warten auf Ihre Anmeldungen!Der Gesamtrussische Wettbewerb „Freunde der deutschen Sprache“ zielt darauf ab, das Erlernen der deutschen Sprache zu popularisieren und die ethnokulturellen Traditionen der Russlanddeutschen zu bewahren. An dem Wettbewerb können Menschen jeden Alters und jeden Sprachniveaus teilnehmen. Der Organisator des Wettbewerbs ist der Internationale Verband der deutschen Kultur.
07.01.2024
Veranstaltungen
Lernen Sie Handwerk der Russlanddeutschen auf Seiten unseres Kalenders kennen!In der Elektronischen Bibliothek des Informationsportals RusDeutsch ist der Kalender der Russlanddeutschen für 2024 verfügbar – eine traditionelle Ausgabe des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur. Der Kalender stellt die dekorative und angewandte Kunst der Russlanddeutschen vor.
16.11.2023
Veranstaltungen
Für Kulturhistorisches Seminar reichte man 92 Bewerbungen für Vorträge einAm 15. November endete die Einnahme von Bewerbungen für das Kulturhistorische Seminar für junge Forscherinnen und Forscher, die sich mit Themen der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen befassen. Insgesamt erhielten die Organisatoren 130 Bewerbungen: 38 Personen äußerten den Wunsch, als Zuhörer mitzumachen und 92 Personen zeigten sich bereit, Vorträge zu halten.
08.11.2023
Veranstaltungen
In Tomsk wurde VIII. Internationale wissenschaftlich-praktische Sprachkonferenz abgeschlossenIn der Wissenschaftlichen Bibliothek der Staatlichen Universität Tomsk (TSU) hat das Abschlusstreffen der Internationalen wissenschaftlich-praktischen Sprachkonferenz stattgefunden. Die Konferenzteilnehmer fassten die Ergebnisse zusammen, verabschiedeten eine allgemeine Resolution, erhielten Teilnahmeurkunden und gratulierten den Mitarbeitern des Deutsch-Russischen Hauses Tomsk herzlich zu dem 30-jährigen Jubiläum der Organisation.
02.11.2023
Veranstaltungen
Auf der Internationalen wissenschaftlich-praktischen Sprachkonferenz fand Arbeit in Sektionen stattAm 2. November haben sich die Teilnehmer der Internationalen wissenschaftlich-praktischen Sprachkonferenz in Tomsk an drei Standorten versammelt, um im Rahmen der thematischen Sektionen Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig praktische Empfehlungen zu geben.
01.11.2023
Veranstaltungen
In Tomsk VIII. Internationale wissenschaftlich-praktische Sprachkonferenz eröffnetAm 31. Oktober hat in Tomsk mit einer willkommenen Besichtigungstour und einem musikalisch-literarischen Abend die Internationale wissenschaftlich-praktische Sprachkonferenz begonnen. Am 1. November fanden die Plenarsitzung und eine Diskussionsrunde zur Rolle des Lehrers und Mentors beim Sprachenlernen statt.
06.10.2023
Veranstaltungen
Machen Sie sich mit unserer Online-Ausstellung „Die Schicksalsfäden. Die Ankunft der Deutschen in Russland“ bekanntWir möchten Sie mit einem unserer Online-Projekte enger bekannt machen – der Ausstellung „Die Schicksalsfäden. Die Ankunft der Deutschen in Russland“. Auf dieser Webseite erfahren Sie mehr über die Geschichte der Umsiedlung der Deutschen nach Russland unter Katharina II.: von den Ursprüngen und Voraussetzungen der Idee bis zu ihrer Umsetzung.
11.08.2023
Veranstaltungen
Bewerben Sie sich für Teilnahme an der Internationalen Sprachkonferenz in Tomsk!Vom 31. Oktober bis 4. November 2023 findet in Tomsk die VIII. Internationale wissenschaftlich-praktische Sprachkonferenz zum Thema „Russlanddeutsche in der sprachlichen und ethnokulturellen Vielfalt der Völker Russlands“ statt. Wir laden Sie ein, sich für die Teilnahme zu bewerben!
06.07.2023
Veranstaltungen
Neue BiZ-Bote-Ausgabe erzählt über Hochzeitstraditionen der RusslanddeutschenDer Sommer ist die Zeit der Hochzeiten und daher lohnt es sich, die 2. Ausgabe des Informations- und Methodenmagazins „BiZ-Bote“ im Jahr 2023 herunterzuladen, das den Hochzeitstraditionen der Russlanddeutschen gewidmet ist. Die Ausgabe enthält Materialien zu den Hochzeitstraditionen der deutschen Minderheit und Mennonitendeutschen, Workshops zur Herstellung eines Brautkranzes und Spruchen als Hochzeitsgeschenk, Spiele zum Thema der Ausgabe und vieles mehr.
05.07.2023
Arkadij German: Historikerberuf erfordert Liebe, Hingabe und MutAm 26. Juni feierte Arkadij German seinen 75. Geburtstag. Es ist Doktor der historischen Wissenschaften, Professor, Vorsitzender der Internationalen Assoziation zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen sowie Preisträger des Wettbewerbes „Russlands herausragende Deutsche – 2018“. Wir haben ihm ein paar Fragen gestellt, wie er zu seinem Beruf gekommen ist und worin er die Arbeit und die Aufgabe des modernen Historikers sieht.
24.05.2023
Veranstaltungen
Almanach „Deutsche Russlands“ wird auf dem Roten Platz in Moskau vorgestelltAm 6. Juni 2023 wird im Rahmen des Buchfestivals auf dem Roten Platz in Moskau der Almanach „Deutsche Russlands“ präsentiert, in dem die Geschichte, Kultur und bekannte Vertreter der Russlanddeutschen vorgestellt werden.
28.12.2022
Veranstaltungen
Buch „Kunkel im Weltgetriebe: Gedichte und Poeme“ in BZ der RD angekommenDer Internationale Verband der deutschen Kultur hat erfolgreich das Projekt zum Ankauf und Verteilung eines Gedichtbandes von Alexander Beck „Kunkel im Weltgetriebe: Gedichte und Poeme“ realisiert.
07.12.2022
Veranstaltungen
Neue Ausgabe des Jahrbuches zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen ist daIn der E-Bibliothek der Russlanddeutschen „RusDeutsch“ gibt es eine Neuerscheinung: 2 (12). Ausgabe des „Jahrbuches der Internationalen Assoziation zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen“. Die Ausgabe der wissenschaftlichen Zeitschrift enthält 13 Beiträge für drei Rubriken: „Geschichte“, „Ethnografie“, „Russland und Deutschland“.
04.07.2022
Neue Ausgabe des BiZ-Bote Magazins der Rolle von Brettspielen in der Gemeinschaft der Russlanddeutschen gewidmetDie neue Ausgabe des BiZ-Bote Magazins, das vom Institut für Ethnokulturelle Bildung herausgegeben wird, berichtet über verschiedene Brettspiele, die von Organisationen der Russlanddeutschen entwickelt wurden. Die Ausgabe enthält auch neue Spiele mit ethnokultureller Komponente. Viel Spaß beim Nachspielen!
04.07.2022
11. Ausgabe des Jahrbuches der Assoziation zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen erschienenIn der neuerschienenen Ausgabe des Jahrbuches der Internationalen Assoziation zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen, das vom Institut für ethnokulturelle Bildung herausgegeben wird, sind Beträge über Schwarzmeerdeutsche, Transkaukasiendeutsche, Wolgadeutsche, sowie über die Briefe der Sondersiedler, ethnische Identität der Deutschen in Russland und in Kasachstan, über die Küche und Hochzeitseinladungen der Wolgadeutschen zu finden.
06.04.2022
Veranstaltungen
Wir laden zur Teilnahme am Literaturwettbewerb einDer Literaturkreis der Deutschen aus Russland und das Bayerische Kulturzentrum der Deutschen aus Russland schreiben den Nora-Pfeffer-Literaturwettbewerb – 2022 für junge Autorinnen und Autoren aus. Einsendeschluss ist der 31. Mai.
31.03.2022
Sonderausgabe der „Zeitung für Dich“ vom März ist jetzt onlineEnde März veröffentliche die deutschsprachige Zeitung „Zeitung für Dich“ eine weitere Sonderausgabe als Beiblatt. Die Sonderausgabe spiegelt dieses Jahr zum ersten Mal, aber insgesamt schon zum 13. Mal, die Geschichte und Gegenwart der Russlanddeutschen wider.
14.03.2022
Veranstaltungen
Deutsch? „Wie Musik in meinen Ohren“Für manchen Schüler mag es eine Strafe sein, aber viele schreiben es sogar freiwillig: das Deutschdiktat. Für die zehnte Auflage der Aktion „Tolles Diktat“ Ende Februar hatte auch die deutsche Autorin Katharina Martin-Virolainen einen Text eingesprochen.
20.01.2022
Veranstaltungen
„Die Welt im Wort“ feiert sein 12-jähriges BestehenIm Jahr 2022 feiert der Literaturklub „Die Welt im Wort“ sein 12-jähriges Bestehen. Am 23. Januar versammeln sich die Mitglieder des Klubs – russlanddeutsche Dichter, Schriftsteller und Übersetzer – im Deutsch-Russischen Haus zu einer feierlichen Veranstaltung. Die Feierlichkeit beginnt um 15:00 Uhr Moskauer Zeit.
19.10.2021
Veranstaltungen
In der Tretjakow-Galerie eröffnete die Ausstellung von Matwej Maniser und Elena Janson-ManiserAm 18. Oktober wurde in der Tretjakow-Galerie in Moskau eine erweiterte Ausstellung mit Werken der Bildhauer Matwej Maniser und Elena Janson-Maniser anlässlich ihres 130. Doppeljubiläums eröffnet. Im Rahmen der Veranstaltung wurde das Buch „Maniser. Dynastie der Künstler“ von Nina Puljachina-Maniser präsentiert.